ABOUT DAMN TIME: Expeditionen ins junge Figurentheater Tag 6

Fish-I, VREMSCHMLEZEN oder MICRO-Alien, Le vide entre la tête et la queue, Open Stage


19:00 Fish-I

Der Fisch lebt seine Welt: fragt nicht, interpretiert nicht, denkt nicht nach. (Glaube ich.) Er existiert einfach. Dann wird er gefischt und begegnet dem Menschen. Als der Mensch den Fisch beschreibt, sieht der Fisch sich selbst durch den Menschen. Der Fisch hätte bis jetzt nicht gedacht, dass er so ist, wie er gerade beschrieben wurde. Obwohl er von sich selbst auch nicht anders gedacht hatte. Aber jetzt, den Mensch sehend, denkt er nach. Also ich denke nach. Also der Fisch in meiner Vorstellung denkt nach.

Das 10-minütige Kurzformat untersucht den Wandel des Blickwinkels. Die aufeinanderfolgenden Stationen des Erlebens, Abstrahierens und Reflektierens erlebt, abstrahiert und reflektiert die Spielerin durch das Spiel zwischen der Fisch- und der Menschenperspektive.

Nóra Vermes studiert studiert Figurentheater an der HMdK Stuttgart.


  • Konzeption, Bau, Spiel Nóra Vermes

19:30 VREMSCHMLEZEN oder MICRO-Alien

Diese Maskenszene im Kurzformat beginnt mit einem Dokument über alle Mikroaggressionen von wildfremden Menschen, die ich seit meiner ersten Einreise bis heute erlebt habe. Warum kann ich all diese Erinnerungen, selbst die Kleinigkeiten wie Lachgeräusche, nicht löschen? Diese Frage öffnet den Zugang zu einer anderen Frage: Ich bin mehr als 30 Jahre in Korea aufgewachsen, und mein Selbst und meine Persönlichkeit wurden dort geformt. Als ich nach Deutschland kam, habe ich eine zweite Persönlichkeit entwickelt. Um hierher zu passen, musste ich ein anderes Ich erschaffen, und ich wurde von anderen erschaffen. Jetzt habe ich zwei Identitäten.
Wer ist Subi in Deutschland? Wie sehr unterscheidet sie sich von der Person in Korea? Subi in Korea und Deutschland sind unterschiedliche Menschen, aber wer ist echter? Wer bin ich, wenn andere mich hier sehen?

Subi Lee studiert Figurentheater an der HMdK Stuttgart.


  • Konzept, Bau, Spiel, Regie Subi Lee
  • Musik Zoey Jaeyeon Jo
  • Licht Joachim Fleischer
  • Künstlerische Betreuung Julika Mayer, Sylvia Wanke

20:30 Le vide entre la tête et la queue

Die Leere zwischen Kopf und Schwanz ist ein lebhaftes und bissiges Puppentheaterstück, von und mit Rakoo de Andrade. Es ist die Geschichte eines riesigen Krokodils, in dessen Innerem ein Mann lebt. Da er es gewohnt ist, eingesperrt zu sein, werden die seltsamen Umstände ihm so selbstverständlich, dass er den Bauch des Tieres gar nicht länger verlassen möchte. Die Situation, die 1864 in Fjodor Dostojewskis Kurzgeschichte „Das Krokodil“ beschrieben wurde, wird diesmal von einer Frau nachgespielt, die in den Eingeweiden des Reptils gefangen gehalten wird. Während das Tier sie verdaut, folgt ein Dialog zwischen dem Patriarchat, das durch das Reptil repräsentiert wird, und einem feministischen Manifest, das den Weg zu einem möglichen Ausweg sucht. Wird sie ihn finden? Mit Gewalt, Wildheit, Spannung und einem ziemlich pikanten Humor wird das Krokodil ohne Risiko für das Publikum gezähmt.

Die Brasilianerin Rakoo de Andrade studierte an der Ecole Nationale Supérieure des Arts de la Marionnette in Charleville-Mézières.


  • Konzept, Regie, Spiel Rakoo de Andrade
  • Außenblick Améthyste Poinsot

21:30 Open Stage Figurentheater